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Lesebühnen
in Berlin sind ja nicht nur so häufig wie Sand am Meer, sondern
versuchen auch sonst allen Strandklischees zu entsprechen. Die gelesenen
Texte sind meist ähnlich der Buhnen als Wellenbrecher gedacht,
nur leider fehlen die Wellen. Bei den sogenannten Donnerstagstextern
- in Anspielung auf die Mittwochsgesellschaften des 18. und 19. Jahrhunderts -
las nun am Sonntag, dem 13. Juni 2004, Bert Papenfuß, der
"Dichterfürst vom Prenzlauer Berg", wie er auch hier
von Richard Hebstreit angekündigt wurde. Außer ihm waren
noch etliche andere Schreiber und Leser am Mikrophon, wobei vor
allem das Duo Grattage den neusten Style repräsentierte: Das
Lesen mit Hintergrundmusik, ein typischer Beat-Fimmel, präsentierte
Texte zu Schmerz und Körper, Hitze und Beziehungsproblemen
usw. Kratage überzeugte trotz der Themen mit recht humorvollen
Einfällen und smoother Gitarrenmusik. Udo Tiffert, als Inventar
der Donnerstagstexter, grub einen Text nach dem anderen aus, mit
typischem Berliner Slang und ähnlich gelagerten Beziehungsproblemen
wie Grattage. Und auch Dietmar Höfer, einer der Macher der Lesebühne,
zauberte noch den Gefrorenen Gaul vom Trassenbau der Freundschaftstrasse
in Sibirien hervor. Papenfuß hielt sich etwas bedeckt und
wollte auch weniger zum Vergnügen lesen, sondern eher zur Anarchie
aufrufen - hier mit seinem Text Mutwille, der leider noch
nicht ganz fertig war. Am Schluss wartete aber auch er noch mit
einem kleinen Meisterwerk auf, welches ostiakische Sprichworte grandios
in Verse kleidete. Das Ganze fand statt im GEN 30 in der Fehrbelliner
Straße, einer im Oststil gehaltenen Kneipe, oder - wie man
dort sagt - "Gaststätte". Aber in Anbetracht der
Tatsache, dass hier noch keine horrenden Eintrittsgelder gefordert
werden und keine atmungsgefährdete Masse - oder wie Papenfuß
sagt: Brache - auftritt, ist diese Bühne doch recht entspannend.
Hyperaktiv sind die Donnerstagstexter
und ihr Zugpferd Udo Tiffert
allemal
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